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SPFH – Sozialpädagogische Familienhilfe

Simone Schulz ist Mutter von zwei Kindern und arbeitet als SPFH bei einem freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe.

Sie arbeitet pro Woche 40h in “ihren” Familien und macht im Notfall auch Überstunden.

Als Dozentin arbeitet sie mit Familien mit sozialem Unterstützungsbedarf in diversen Projekten, hat Aus- und Weiterbildungspädagogik studiert und setzt sich auch in ihrer Freizeit für den Kinderschutz ein.

Da sie selbst drei Jahre mit einem Burnout zu kämpfen hatte, weiß sie sehr gut, dass das Leben nicht immer nach Plan verläuft.

Ein Erfahrungsbericht

Die sozialpädagogische Familienhilfe ist ein Angebot der Jugendämter in Deutschland. Sie kommt zum Einsatz durch Bestimmung von Familiengerichten, durch Festlegung des Jugendamtes oder durch Anfrage von Elternteilen, die ihren Hilfebedarf offenlegen.

Es ist eine gute Möglichkeit für junge Familien, Alleinerziehende oder in Trennung lebenden Personen, Unterstützung im Finden der Alltagsstruktur sowie der Vernetzung mit Ämtern, Behörden und Beratungsstellen zu ermöglichen.

Hierbei spielen die eigenen Kompetenzen und Erfahrungen eine wesentliche Rolle. Eine SPFH ist als eine Person des Vertrauens zu betrachten, die unter Umständen durchaus sehr viel Elend sieht und gewillt sein muss, eigene Standards für ihr Leben dabei zu vergessen. Das gilt z.B. für die Wohnungseinrichtung oder den Grad an Ordnung oder Hygiene, an den man gewöhnt ist.

“SPFH zu sein bedeutet in der Praxis: Mitdenken und Anpacken!” Simone Schulz

In aller erster Linie geht es um Vertrauensaufbau, Sichtung der Herausforderungen, Erarbeiten einer für die Klienten möglichen Alltagsstruktur, Vorbereiten von Terminen, Begleitung und Rückenstärkung bei Ämtern und Behörden, Netzwerkaufbau für die gesunde Entwicklung der Kinder sowie des Elternteils, Unterstützung bei der Wohnungssuche, Erarbeitung eines Haushaltsplanes inklusive Einführung einer Haushaltsbuchführung, um der Verschuldung der Haushalte vorzubeugen oder auch Hilfe bei der Einleitung des Privatinsolvenzverfahrens.

Es wird nach Lösungen gesucht, wie Kinder altersgerecht mit anderen Kindern regelmäßig in Kontakt treten können, z.B. durch Kita, Hort, Sportvereine. Entsprechende Anträge werden gemeinsam ausgefüllt und eingereicht.

Die Begleitung zu Arztterminen wird als wichtig erachtet, um etwaigen Förderbedarf beizeiten zu erfahren, um z.B. Ergotherapeuten, Logopäden, psychotherapeutische/psychologische Unterstützung hinzuzuziehen.

Grundlegender Unterstützungsbedarf für eine gesunde Küche, also preiswertes Einkaufen und die Essenszubereitung können genauso in die Bedarfsplanung der Familie im Rahmen von Hilfeplan-Gesprächen mit dem Jugendamt eingearbeitet werden, wie die Abendritual-Struktur, wenn Kinder nicht zur Ruhe kommen und auch nach 22.00 Uhr noch wach sind.

All diese Aufgaben werden tatsächlich erst real sichtbar, wenn das Vertrauen aufgebaut wurde und man regelmäßig für einen längeren Zeitraum in der Familie arbeitet.

Ist dieses Vertrauen einmal da, kann man eine richtige Stütze im Alltag sein, die auch Hausaufgaben mit den Kindern macht, vorliest, mit ihnen spielt oder auch einfach auf den Spielplatz geht, um das Elternteil ein wenig zu entlasten.

So sieht die Arbeit einer SPFH im Idealfall aus.

Nach einiger Berufserfahrung als Dozentin, als Fachkraft für Kinder- und Jugendarbeit und nun auch im Bereich der ambulanten Hilfen zur Erziehung stelle ich aber leider auch einige negative Aspekte fest, die ich bereits von den Familien erfahren habe, in denen es Vorgänger-Unternehmen gab.

Betroffene Familien berichteten mir schon häufiger von SPFHs anderer Unternehmen, die sich überhaupt keine Zeit nahmen, kurz nach aktuellen Befindlichkeiten fragten und sofort wieder verschwanden.

Es fielen Sätze wie “Wenn Sie das jetzt nicht machen, nehmen wir Ihnen das Kind weg”, die natürlich einem Vertrauensaufbau komplett im Weg stehen und unnötig Angst und Druck aufbauen.

Manche SPFH sieht ihre Aufgabe selbst in einem langfristigen Arbeitsverhältnis offenbar lediglich darin, die Kinder gemeinsam mit den Eltern von der KiTa abzuholen und dann wieder zu gehen.

So ein Vorgehen nenne ich massives Fehlverhalten, mangelnde Qualifikation und mangelnde persönliche Eignung.

Wer Druck ausübt, hat in diesem Arbeitsfeld schlicht nichts verloren. Es ist völlig vermessen, von Familien zu verlangen, dass sie etwas nun sofort hinbekommen, das vorher nicht geklappt hat. Es geht um aktives Vorleben der nötigen Schritte, um das Zeigen, das gemeinsame Durchführen. Es geht darum, auch Rückschritte in Kauf zu nehmen und trotzdem dran zu bleiben.

Ein bisschen kann man es mit einer Berufsausbildung vergleichen.

Wenn ich bspw. eine dreckige Wohnung vorfinde, hat die meist alleinerziehende Mutter andere Sorgen und Nöte. Da braucht sie keine Vorwürfe und Anklagen, sondern jemanden, der einfach mal mit anpackt. Dann heisst es für mich: Putzhandschuhe und Putzmittel mitbringen und dann wird Zimmer für Zimmer gemeinsam auf Vordermann gebracht.

Dann wird einfach mal ein paar Stunden aussortiert, umgeräumt, um für Platz zu sorgen, man hilft aktiv dabei, gebrauchte Möbel zu suchen – gern über Caritas, Malteser und andere Second-Hand-Kaufhäuser. Echte Lebenshilfe also.

Wenn man als SPFH gute Arbeit leistet, merkt man das auch sehr schnell an zunehmenden Anfragen durch das Jugendamt. Wieviel Zeit man in einer Familie verbringt, ist Verhandlungssache und man kann mit etwas Einsatz die bestmögliche fallbezogene Unterstützung für eine Familie erlangen, so dass auch die Angst vor einer Inobhutnahme wieder verschwindet.

Jugendämter bezahlen für die Arbeit der SPFHs in der freien Kinder- und Jugendhilfe gutes Geld an diese Unternehmen. Doch es sind längst nicht alle Mitarbeitenden fundiert auf diese Arbeit vorbereitet.

Wenn Familien bereits die dritte Fachkraft von unterschiedlichen Anbietern abgelehnt haben, weil es keine positiven Veränderungen zu verzeichnen gibt, liegt der Fehler selten in den Familien selbst. Und dann müssen eben die Jugendämter auch einmal genauer hinschauen, wen sie da eigentlich für was genau bezahlen.

“Vom Ziel haben viele Menschen einen Begriff, nur möchten sie es gerne schlendernd erreichen.” Goethe

Natürlich gibt es hilferesistente Familien, aber selbst in diesen gibt es noch immer mildere Mittel, bevor als letzter Ausweg eine Inobhutnahme der Kinder diskutiert wird.

Und nein, es gibt natürlich keine Pro-Kopf-Pauschale für in Obhut genommene Kinder.

Ziel unserer Arbeit sollte ja genau das sein: Dass Kinder nicht fremduntergebracht werden müssen.

Das ist das Ziel und wie immer im Kinderschutz eine Frage der Haltung.

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