Herbert Renz-Polster, Kinderarzt
“Wir haben heute in Deutschland ein regelrechtes System von Inobhutnahmen von gesunden, sozial gut integrierten Kindern mit der alleinigen Begründung, ihre Mütter unterhielten eine » symbiotische « Bindung zu ihnen und würden dadurch die Bindung des Kindes zu dessen Vater unterminieren. Sie seien, wie es dann heißt, » bindungsintolerant«.
Warum diese Bindungsschwurbelei gerade in Deutschland so erfolgreich ist, dürfte auch an den Vorarbeiten des Kinder- und Jugendpsychiaters Michael Winterhoff liegen.
In seinen Büchern, Vorträgen und Fortbildungen führte er so ziemlich jedes Problem der heutigen Kinder und Jugendlichen auf eine Diagnose zurück, die in der seriösen kinderpsychiatrischen
Literatur gar nicht vorkommt, nämlich
die » symbiotische Beziehungsstörung «.”
Richtig ernst für die Mütter in Deutschland wird es aber durch einen zweiten Kinder- und Jugendpsychiater, nämlich den Erfinder des » Parental Alienation Syndroms «, Richard Gardner.
Wie Winterhoff stützte auch er sich auf bestimmte Annahmen zur Eltern-Kind-Bindung, in seinem Fall auf die Behauptung: Kinder liebten von Natur aus immer beide Elternteile und sie brauchten immer beide für eine gute Entwicklung. Bevorzuge ein Kind deshalb einseitig ein Elternteil und sei darin unbelehrbar und hartnäckig, so sei dies von diesem erzwungen und deute auf eine manipulative, pathologische Beziehung hin ( er selbst
sprach auch von » Gehirnwäsche « ).
Das Kind müsse deshalb zum Umgang mit dem abgelehnten Elternteil auch mit Gewalt gezwungen werden, bei fehlender Besserung müsse es aus der manipulativen Beziehung » befreit « werden. Etwa indem das Kind bei Sorgerechtsstreitigkeiten
dem von ihm abgelehnten Elternteil zugesprochen wird (in der familiengerichtlichen Praxis kommen die Kinder dann häufig » zuerst einmal « in ein Heim, was dann leider oft die Endstation für diese Kinder ist ).
Das Postulat, Kinder würden von Natur aus immer beide Elternteile lieben, ist angesichts der manchmal eben doch von asymmetrischen Bindungsmustern und auch ungleichen Vertrauensverhältnissen geprägten Familienrealität so hanebüchen, dass sich die Frage stellt, wie Herr Gardner zu seiner weitreichenden Theorie kommt.
Und hier wird es regelrecht gespenstisch. Herr Gardner stützte sich bei seinen Aussagen nicht etwa auf Forschungsarbeiten, sondern gab Überzeugungen wider, die er sich als Gutachter in Sorgerechtsstreitigkeiten gebildet hatte. In diesen Fällen vertrat er oft Väter, denen von ihren Partnerinnen oder ihren Kindern pädophile Übergriffe vorgeworfen wurden. Dabei benutzte er seine Theorie – lange Zeit erfolgreich –, um selbst verurteilten Tätern weiterhin Kontakt zu ihren Kindern zu ermöglichen.”
Auszüge aus dem aktuellen Sachbuch “Mit Herz und Klarheit”