Solidarität mit der Verletzlichkeit
Kinder und Frauen werden vor allem zunächst Opfer von Gewalt in ihren eigenen Familien. Meist durch Männer.
Kinderschutz bedeutet daher auch, dass Frauen Wege kennen und Hilfe bekommen, um finanziell unabhängig und gesellschaftlich gestärkt zu leben. Alleinerziehend zu werden bedeutet nachweislich
für zu viele Frauen Armut und Stigma – und zunehmend auch massive Gewalt durch Institutionen. Denn Täter*innen missbrauchen nicht nur Kinder, sie manipulieren auch ihr Umfeld.
Kinder und Mütter brauchen einen Rechtsstaat, der die Emanzipation aus der Gewalt gezielt unterstützt und gleichzeitig die besondere Verletzlichkeit der Betroffenen schützt.
Es erstaunt mich in meiner Arbeit immer wieder, wie sehr erwachsene Menschen damit beschäftigt sind, Macht(missbrauch), Fehlverhalten und gewaltvolle Strukturen zu leugnen. Es sind vielleicht der
tiefe Wunsch nach paradiesischer Sicherheit; bestimmt auch eine gewisse Bequemlichkeit und Konfliktscheu, warum so Viele an die Unfehlbarkeit des Systems glauben wollen.
Dass es Fehler, Ungerechtigkeit und Gewalt in menschlichen Zusammenhängen gibt – und zwar in jeglichen Kontexten (Familie, Kindergarten, Schule, Kirche, Behörde, Justiz) – das sollte jede Person mittlerweile glauben können. Es braucht handlungsfähige, hinterfragende und kritische Erwachsene, um Kinder vor Gewalt und Machtmissbrauch strategisch und effektiv schützen zu können.
Deshalb arbeite ich so gerne mit Menschen zusammen, die betroffen sein können. Sie haben die Stärke und die Fähigkeit, Empathie mit dem Verletzlichen und den Verletzten zu haben.
Erst dieses Anerkennen verleiht Kraft und Mut, das Verletzende und Gefährliche zu sehen und sich dem (entgegen) zu stellen.
Neben fundiertem Wissen braucht es die Fähigkeit, Schwächen (aus)halten zu können, um in Verantwortung für diese zu gehen.
Solidarisch sein: Das Projekt In dubio PRO infante unterstütze ich aus vollstem Herzen.
Kontinuierlich, empathisch und sehr nahe an der Seite von Gewaltbetroffenen entzaubert Sonja Howard Mythen und den naiven Traum einer verlässlichen Sicherheit- ohne dabei ohnmächtig zu werden. Sie ist ein Vorbild dafür, dass Solidarität mit der Verletzlichkeit stark und handlungsfähig macht. Und sie kämpft überzeugend mit der Stärke von Erfahrungs- und Fach-Expert*innen für Reformen, die wirklich einen Unterschied machen.
Catharina Beuster
Freiberufliche Referentin (Betroffenengerechte Kommunikation, Prävention und Intervention bei
sexualisierter Gewalt, sexualisierte Gewalt in Institutionen)
Referentin für Prävention von sexuellem Missbrauch in der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (BZgA)