Autorin & Diversity Lead, Microsoft Deutschland
“Kein Kind sollte mit Gewalterfahrungen allein sein müssen.
Ich war wie Sonja Howard selbst so ein Kind, das viele Jahre gegen Mauern des gesellschaftlichen Schweigens und des fachlichen Unvermögens gelaufen ist.
Obwohl ich klare Aussagen getroffen habe zu der Gewalt, die wir Kinder zuhause durch unseren Vater erleben mussten und wir auch immer wieder sichtbare Verletzungen hatten, hat sich niemand zuständig gefühlt einzugreifen:
Nicht die Lehrer in der Schule und nicht einmal unsere Kinderärztin, die definitiv hätte qualifiziert sein müssen, Gewaltspuren von normalen Spiel-Blessuren zu unterscheiden.
Deshalb unterstütze ich die Forderung von In dubio pro infante nach flächendeckenden Qualifizierungen für alle Personen, die mit Kindern arbeiten – damit nicht weiter so viele Kinder durchs Raster fallen!
Aussschlaggebend für unseren Schutz war letzten Endes ein Familientherapeut, der gleich in der ersten Sitzung klare Worte fand. Er forderte meine Mutter auf, sich sofort zu trennen und stellte sich bedingungslos auf die Seite von uns Kindern.
Er machte klar, dass es bei häuslicher Gewalt keine “zwei Seiten der Medaille” gibt.
Dass uns endlich geglaubt wurde, war ein Meilenstein. In Einzel-Sitzungen konnten wir endlich erleben, dass unser Bauchgefühl immer richtig war. Dass nicht mit uns etwas nicht stimmte, sondern mit unserem Umfeld. Diese Bestätigung wünsche ich jedem Kind.
Dass aktuell Gewalttäter Anträge beim Familiengericht auf Umgang oder Sorgerecht stellen können, ist für mich unbegreiflich. Dass sie die Macht bekommen, über staatliche Institutionen ihre Gewalt an Kindern noch jahrelang fortzuführen, macht fassungslos.
Ich möchte nicht glauben, dass wir damals einfach Glück hatten, dass unser Vater nach der Trennung keine Anträge bei Gericht gestellt hat und wir somit nicht in Umgänge gezwungen wurden.
Es sollte doch selbstverständlich sein, dass Kindern geglaubt wird, auch wenn sie in kindlichen Worten über erlebte Gewalt berichten. Und dass mit Einfühlungsvermögen und Sachverstand die Signale Ernst genommen werden, die hilfesuchende Kinder aussenden.
Ich mache mich stark für ein kindersicheres Rechtssystem und den Schutz aller Kinder. Sie sind unsere Zukunft, unsere Verantwortung und das Wertvollste, das wir haben.